EKW075 Chekhovs Swatch

Lippenbalsam birgt für wunde
Junge Hunde frohe Kunde
Mit Labello fettet kesser
Bello seine Kette besser

Hi, Matthias hier. War eine lange Woche, nicht wahr? Apropos ‚war‘, hehe, ich war heute einkaufen, so richtig draußen und mit einer übel riechenden FFP7-Maske, die die Viren schon mit ihrem Gestank töten soll, schätze ich. Ich sah aus wie Hannibal Lecter, nur kannibaliger, weil ich eh sowas raubtierhaftes an mir habe, wenn ich mich auf meine Streifzüge durch die Savannen des REWE begebe. Es war ein trauriger Einkauf, weil es keinen in Plastikschläuche verpackten Hipster-Sauerteig von Seitenbacher für einsfünfzig gab und jetzt werde ich die zum Sauerteigansetzen notwendige Mehlportion im Wert von 10 Cent wohl selbst sauer werden lassen und muss die freigewordenen 1,40 EUR bei Amazon für Kabel ausgeben. Dennoch war der Einkauf insgesamt wieder einmal Höhepunkt meines Tages, denn ansonsten habe ich… Nein, Stopp. Es gibt tolle Neuigkeiten! Die Sonne, also unsere, hat Geschwister. Habe ich heute in einem Astronomie-Podcast gehört und eigentlich wusste ich das schon mal, hatte es aber wieder vergessen. Ich bin mit diesem Verwandschaftsscheiß sowieso echt mies und spätestens bei den Cousinen und Cousins der Eltern geht meine Aufmerksamkeitsspanne gegen Null. Ich schätze, das wäre anders, gäbe ich Celebrities oder Bonzen im weiteren Umfeld meines Genpools. Gibts aber nicht. Eine Sarg- und eine Küchenmanufaktur, mehr gibts da nicht und in Ostwestfalen eine Küchenfabrik zu haben ist in etwa so ungewöhnlich eine Warze am Fuß. Aber ich war ja bei der Sonne. Die hat Geschwister, ganz in echt, nur dass die alle abgehauen sind beziehungsweise wahrscheinlich eher die Sonne von ihnen abgehauen ist, als die Eltern explodiert sind und es Streit um die Hollywoodschaukel gab. Ich finde das einer sehr poetische Vorstellung, Sternengeschwister. Leider werde ich nie ein Reimdingsi draus machen können, wegen Kitschalarm. Ich bin da sehr empfindlich, weil ich durchaus empfänglich für Kitsch bin und mir darum dreiundsiebzig Warnlampen gegen Kitsch zugelegt habe, die alle schon immer ganz zitterig werden, wenn ich mal wieder über das böse L-Wort reimdingse. Und darum, Ihr lieben Koffer, geht’s im nächsten Reimdingsi auch nicht um L., sondern um Ameisen und Pferde. Und keine Sorge, die nicht-jugendfreien Szenen habe ich rausgestrichen, Apple. Mama.

Winter 21

Mit der Sonne kommen die Ameisen
Auf der Allee schreiten sie zu hunderten Versäumtes ab
In ein, zwei, Dreierkombipacks
Sie trippeln stelzen trampeln hier zur
Kommunikation mit Außen Hallo ich bins nur und draußen
Trau mich weil ich brav die Antidepressiva
Blutdruck Herztabletten nehme die man mir da
Neulich mit dem Zoom verschrieben hatte
Schau die alte Matte weg und Haare sind doch schön nur länger
So wie früher mit dem Parka als ich noch den SPD-Anhänger
Und ein Polizeipferd kontrolliert im Abzählreim
Sie dürfen Ene-Mene hier in dieser Form nicht sein
Sie müssten bitte dreierpaschig auf den Wegen zuckeln
Denn die tiefe Freundschaft ist dem Biest egal es lebt davon
Und statt zu buckeln klumpt der Haufen sich und Steuerzahler
Weisen auf den Umstand ihrer Leistungsfähigkeit und
Habichjanochnieerlebtduliebezeit ein bisschen abseits wird
Ganz klassisch Kokain gewechselt unter müden Pferdeblicken
Regenwolken wölken rücken doch dem Polizeipferd gegenüber Streiten heitere Prinzipienreiter und ein Woodstockschauer wird gepriesen weiter vorne auf den Wiesen von den Horden
Die statt in den Bau zum Stehcafe am Kiosk pilgern
Und den Überdruss mit mildem Cappuccino morden
Heute war doch schön und alle toll an einem Strang
Und nur ein Pferd steht traurig in den Ställen
Hustet bang sein Pferdebellen froh den Ameisen entkommen
Und im Heu zu sein und
Menschen, oder?
Abends noch ein Gläschen Wein

Ich weiß, du schaust schon wieder traurig auf dein Podcastempfangsgerät und haderst mit der nur noch kurzen verbleibenden Zeit, bis auch diese Folge des Koffer-Wörter-Podcasts und damit auch eine weitere Woche sich dem Ende neigt. Aber die Wahrheit ist: Ich muss jetzt erst mal ein Wochenende Netflix, Disney-Schissel-Plus und Amazon-Prime durchgucken, um sowas Ähnliches wie Leben zu erfahren, über das ich dann fünf Tage lang reimdingsen kann. Vielleicht verticke ich auch noch mal was auf Ebay-Kleinanzeigen, da steckt ja doch immer einiges an Echtmenschinteraktion drin und die ist zwar furchtbar schlimm, aber eben auch der Stoff, aus dem die Reimdingsis sind. Hier liegen ja noch ein paar alte Kabel rum. Ich sag Euch Bescheid. Tschüss.

Schorsch zerdrosch im Zorn die Swatch
Die Chekhov trug als er erlosch
Die Fälschung flog flugs auf als Schorsch
Das Swatch-Zertifikat erforscht